Gemeinderat: überwältigende Mehrheit von 74,4 % für das Kommunalwahlrecht für Migrant_innen aus Drittländern

Seit Juli 2022 ist der Migrant_innenbeirat mit dem Oberbürgermeister im Gespräch wegen der Unterzeichnung der Erklärung der europäischen Initiative für mehr Demokratie in unseren Städten „Unsere Städte, unsere Stimmen“. Im Vorfeld trafen sich der Migrant_innenbeirat und Wahlkreis 100 % mit der Leiterin des Rechtsamtes, Frau Recker. Wahlkreis 100 % führte außerdem zahlreiche Gespräche mit den Fraktionen.

Am 25.04.2023 war es dann soweit: Mit den 32 Ja-Stimmen von den Grünen, einer Stadt für Alle, JUPI, SPD/KL und FDP/BfF wurde der Beitritt unseres Gemeinderats zu dieser Erklärung beschlossen. Die CDU hat sich mit der Entscheidung schwer getan, hat sich dennoch gegen diesem Beitritt ausgesprochen. Eine Fraktion war teils dagegen, teils hat sie sich enthalten. Zwei Stadträte einer Partei, die wir hier nicht nennen wollen, um keinerlei Werbung zu machen, haben sich mit fadenscheinigen Argumenten vehement aber erfolgslos dagegen gewährt. Nun betreibt diese Partei ihre übliche undemokratische Propaganda im Amtsblatt : Falsche Behauptungen und Angstmacherei.

Nach dieser Städteerklärung will sich der Gemeinderat der Stadt Freiburg dafür einsetzen, „dass gesetzliche Grundlagen geschaffen werden, die alle Bürger_innen mit den gleichen demokratischen Beteiligungsrechten ausstattet und sie zu „Gleichen unter Gleichen“ macht. In 14 von 27 EU-Ländern ist dies bereits unaufgeregte Praxis.“

Diese 14 Länder sind:

  • Belgien aktives Wahlrecht (WR) nach 5 Jahren legalem Aufenthalt – seit 2004)
  • Dänemark (aktives + passives WR nach 4 Jahren legalem Aufenthalt – seit 1981)
  • Estland (aktives WR nach 5 Jahren legalem Aufenthalt – seit 1996)
  • Finnland (aktives + passives WR nach 2 Jahren legalem Aufenthalt – seit 1991)
  • Irland (aktives + passives WR nach 6 Monaten legalem Aufenthalt – schon immer aktives WR/ passives WR seit 1974)
  • Holland (aktives + passives WR nach 5 Jahren legalem Aufenthalt – seit 1985)
  • Litauen (aktives + passives WR – seit 2004)
  • Luxemburg (aktives + passives WR nach 55 Tagen legalem Aufenthalt – seit 2005)
  • Portugal (aktives + passives WR nach 3-5 Jahren legalem Aufenthalt bei Reziprozität – seit 1976)
  • Schweden (aktives + passives WR nach 3 Jahren legalem Aufenthalt – seit 1975)
  • Slowakei (aktives + passives WR nach 3 Jahren legalem Aufenthalt – seit 2002)
  • Slowenien (aktives WR – seit 2002)
  • Spanien (aktives WR nach 3 Jahren legalem Aufenthalt bei Reziprozität – seit 1985)
  • Ungarn (aktives WR für Menschen mit Daueraufenthalt- seit 1990)

Nota: Aktives Wahlrecht ist das Recht, zu wählen, passives Wahlrecht ist das Recht zu kandidieren, also gewählt zu werden.

Wer sich für das Wahlrecht in der Welt interessiert, kann hier nachschauen.

Diese Auflistung zeigt, dass das Wahlrecht durchaus unterschiedlich gehandhabt wird. Letztendlich müssen Bundestag und Bundesrat darüber entscheiden, denn es bedarf vermutlich einer Änderung unseres Grundgesetzes. Diese ist nur mit 2/3-Mehrheit möglich. Also brauchen wir noch viele Städte, die – nun neben Freiburg, Mannheim und Aalen- bereit sind, für dieses Recht einzustehen. Oder, mit den Worten von Konrad Adenauer und John F. Kennedy:

„Man darf niemals ‚zu spät‘ sagen. Auch in der Politik ist es niemals zu spät. Es ist immer Zeit für einen neuen Anfang.“

Konrad Adenauer

„Einen Vorsprung im Leben hat, wer da anpackt, wo die anderen erst einmal reden.“

John F. Kennedy